Grün- und Naherholungsflächen zwischen Neusäß und Steppach bedroht
Wer an einem schönen Sommerabend per Rad oder zu Fuß zwischen Neusäß und Steppach unterwegs ist, kann kaum erahnen, wie dramatisch sich diese Natur- und Naherholungslandschaft in wenigen Jahren verändern wird. Von der Steppacher Straße, die derzeit noch ein geschotterter Fuß- und Radweg ist, schweift zwar der Blick in östlicher Richtung auf das 12-geschossige Haupthaus des Klinikums (siehe Bild 1). Vor der Klinik als auch in westlicher Richtung ist der Weg jedoch von Hecken, Gräsern und landwirtschaftlichen Flächen eingerahmt. Erst in weiter Entfernung erkennt man die Bebauung von Westheim und Steppach. Neben der Klinik erhebt sich ein bewaldeter Hügel in der Landschaft, der zum idyllischen Klinikpark gehört.
Medizin-Campus mit einer Fläche von 14,7 ha
Kommt man näher an Steppach, verändert sich auf der linken Seite des Weges die Landschaft in eine urwüchsige Grünlandschaft mit kleinen Erhebungen und Senken, Hecken, Büschen, Gräsern und Wildblumen (siehe Bild 2). Würde man nicht im Osten die Baukräne sehen, könnte man meinen, dass hier die Welt noch in Ordnung sei. Tatsächlich sind die scheinbar urwüchsigen Flächen erst in den vergangenen Jahren aus vormals landwirtschaftlich genutzten Flächen entstanden. Diese insgesamt 6,6 ha umfassenden Ausgleichsflächen sind das Ergebnis von gesetzlich vorgeschriebenen Kompensationsmaßnahmen für den Bau der medizinischen Fakultät auf vormals 14,7 ha Grünflächen. Die Bauarbeiten auf dem sogenannten Medizin-Campus erstrecken sich derzeitig auf Flächen östlich der Straßenbahnstrecke, so dass der Blick nach Osten noch in die Ferne schweifen kann.
In einigen Jahren wird sich die Bebauung des Medizin-Campus in einer weiteren Ausbaustufe jedoch auch westlich der Straßenbahn bis zur Steppacher Straße ausdehnen.
Entwicklungsflächen für Wohnbebauung am Sonnenhang in Steppach (8,9 ha)
Gleichzeitig sind die Freiflächen auf der westlichen Seite der Steppacher Straße hinauf bis zur Straße „Am Sonnenhang“ als Entwicklungsflächen mit 8,9 ha für Wohnbebauung im Flächennutzungsplan der Stadt Neusäß ausgewiesen (siehe Bild 3).
Neubau Uniklinik
Zu Beginn der Sommerferien wurde in der Zeitung berichtet, dass ein Neubau der Uniklinik westlich des heutigen Krankenhaus-Gebäudes entstehen soll.
Wie der Augsburger Allgemeinen vom 27. Juli 2024 zu entnehmen war, soll der Neubau mit „niedrigeren Geschosshöhen“ als der Altbau und „modular“ realisiert werden. Dies bedeutet, dass der Neubau also wesentlich mehr Fläche beanspruchen wird als das heutige Gebäude. Insgesamt soll eine Nutzfläche von 144.000 m² realisiert werden.
Aufgrund der vorgenannten Angaben kann man von einem Flächenbedarf von mindestens 10 ha für den Neubau der Uniklinik Augsburg ausgehen. Für die Abschätzung der benötigten Grundfläche wurde als Referenz ein ähnlicher Neubau einer Klinik, hier Neubau „Klinikum Lörrach“ (Fertigstellung 2025), herangezogen.
Die Dimension dieses zusätzlichen Flächenverbrauchs von 10 ha kann sehr anschaulich dem Bild 4 entnommen werden. Vom heutigen Klinikpark und der Grünschneise zwischen Neusäß und Steppach wird kaum etwas übrig bleiben.
Bereits bei der Aufstellung des Bebauungsplanes für den Medizin-Campus im Jahr 2016 wurde von den heimischen Umweltorganisationen ein zu großer Flächenverbrauch für Gebäude und Parkplätze kritisiert. Die jetzigen Pläne mit mindestens weiteren 10 ha Flächenverbrauch übersteigen alle damaligen Befürchtungen.
Forderungen des BUND Naturschutz
Der Neubau der Uniklinik wird vermutlich nicht aufzuhalten sein. Er ändert aber erheblich die Randbedingungen, unter denen vor einigen Jahren die Pläne für den Medizin-Campus aufgestellt wurden. Bei allen Planungen wurde davon ausgegangen, dass die im Jahr 2010 begonnene Sanierung des Klinikums fortgeführt wird und kein Neubau erfolgt.
Als BUND Naturschutz werden wir uns dafür einsetzen, dass ein möglichst großer und durchgehender Grünbereich entlang der Steppacher Straße erhalten bleibt. Der Flächenbedarf für die neue Klinik muss minimiert werden. Entgegen dem aktuellen Bebauungsplan für den Medizin-Campus dürfen hier keine weiteren Flächen bebaut werden. Vielmehr sollten die zukünftigen Erweiterungsflächen des Medizin-Campus zwischen der Steppacher Straße und der Straßenbahn als Ausgleichsflächen für den Klinikneubau vorgesehen werden (siehe Bild 5). Der zukünftige Bedarf an Nutzflächen für den Medizin-Campus sollte weitestgehend durch eine Sanierung des heutigen Klinikgebäudes gedeckt werden.
Die Planungen für die neue Straßenbahnlinie 5 vom Hauptbahnhof über die Bürgermeister-Ackermann-Straße zur Uniklinik müssen beschleunigt werden. Insbesondere sollte auch eine Machbarkeitsstudie für eine Weiterführung nach Neusäß mit Verknüpfung zur Bahnstrecke durchgeführt werden. Gerade durch die geplante Generalsanierung der Bahnstrecke Augsburg-Ulm im Jahr 2030 ergeben sich hier neue Perspektiven für die Unterquerung der Bahn in Neusäß und für eine Neugestaltung des Bahnhofsbereiches als zukünftige Verkehrsdrehscheibe für Bus, Bahn und Straßenbahn.
Im Rahmen des diesjährigen Schwerpunktthemas “Flächenschutz” lädt die Ortsgruppe des BUND Naturschutz zu einem Vortrag zum Thema „Artenschutz in der Praxis“ am 25.9. um 19:00 Uhr in die Begegnungsstätte St. Ägidius in Neusäß ein (Link zur Veranstaltung). Der Referent, Nicolas Liebig, ist Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes Stadt Augsburg und stellt den Naturraum in der Region vor. Er berichtet über Naturschutzprojekte. Im Anschluss des Vortrages wird die Ortsgruppe die momentan bekannten Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Neubau der Uniklinik vorstellen.
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Weiterführende Informationen
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D. Kuhlmann